Das Instrumentenlexikon
Die Entwicklung des Akkordeons gilt seit einigen Jahren als abgeschlossen. Nur bei den „Melodiebassinstrumenten“ kann es noch zu einigen Bereinigungen kommen. Die Modelle selbst werden kaum mehr grundlegende geändert werden. Es wird immer wieder „Erfinder“ und konstruierende Talente geben, die versuchen werden, völlig „Neuartiges zu entwickeln.
Bislang sind viele dieser Versuche im Sande verlaufen.
Wir unterscheiden heute:
Das chromatische Akkordeon
Das Piano-Akkordeon
Die Tasten des Piano-Akkordeons, vorhanden, sind den Klaviertasten nachgebildet und weichen nur in der Länge und in der Breite von diesen ab.
Bei Ziehen und Drücken des Luftbalges entsteht bei ein und der selben Taste der gleiche Ton (Eintönigkeit). Man nennt die Tastenseite auch „Manual I“ oder abgekürzt „MI“.
Es entstand ca. 1854 und gewann nach dem Ersten Weltkrieg an Bedeutung.
Dieses Akkordeon ist in Ländern wie Österreich, Deutschland, Holland, England, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Ungarn, Polen Bulgarien Tschechoslowakei, Rumänien und in Übersee vorherrschend, während wir in den skandinavischen Ländern, Belgien, Frankreich, Sowjetunion fast ausschließlich Knopfspieler finden. In der Schweiz ist das Verhältnis ausgeglichen.
Das Knopfgriff-Akkordeon
Beim Knopfgriff-Akkordeon wird die Klappenmechanik von kleinen kreisrunden Knopftasten ausgelöst. An sich ist dieser Instrumententyp um 1850 aus der Wiener chromatischen Harmonika entstanden. Bei Ziehen und Drücken des Luftbalges entsteht bei ein und dem selben Knopf der gleiche Ton (Eintönigkeit). Die Notation wird genauso wie beim Piano-Akkordeon im Violinschlüssel dargestellt.
Es gibt kleinere Abweichungen verschiedener Modelltypen:
- ein abgestuftes Griffbrett, also von Knopfreihe zu Knopfreihe ca. 1 mm ansteigend
- ein glattes Griffbrett
- kleinere oder größere Knöpfe
Aber all diese kleinen Abänderungen haben für das Spiel selbst keinen Unterschied gebracht. Es ist nur interessant, dass die beiden Akkordeonmodelle (Piano- und Knopfgriff) unterschiedlich Freunde in den diversen Ländern der Welt gefunden haben.
Das Bassmanual – Die Mechanik der Bassseite
Am Anfang gab es bei allen Modellen nur wechseltönige Bässe. Erst 1870 entwickelten Musiker die gleichtönige, chromatische Bassbegleitung in 2 bis 5 Reihen. Die folgenden Ausführungen über Bass- und Akkordwerk beziehen sich auf eine Bassart, die man als Standard-Bass bezeichnet. Man nennt es auch „Manual II“ oder abgekürzt „MII“.
Das Basswerk
Das Basswerk besteht aus 2 senkrecht dem Balg zugewandten Knopfreihen. Die innere Reihe (2.Reihe) enthält die Grundbässe, die äußere (1.Reihe) die Terzbässe. Vom besonders markierten “ C “ ausgehend, liegen nach oben und unten die weiteren Bässe in Quinten angeordnet.
Das Akkordwerk
Das Akkordwerk umfasst bis zu 4 Akkordreihen:
- Dur-Dreiklänge
- Moll-Dreiklänge
- Dominantsept-Akkorde
- verminderte Dreiklänge
- Früher gab es noch eine Reihe mit übermäßigen Dreiklängen
Das Einzelton-Manual
Vereinzelt lassen sich Musiker bereits ab 1890 Instrumente mit Melodiebässen bauen, doch kann man hier nur von einem Versuch sprechen. Erst das Beschäftigen mit Originalliteratur und der sicherlich schon damals laut gewordene Wunsch nach einem „polyphon“ (Vielstimmig, mit rhythmisch und melodisch selbständigen Stimmen) spielbaren Instrument ließ ab 1937 weitere Entwicklungen reifen. 1937 baute der Akkordeon-Konstrukteur Venanziano Morino in sein Modell Einzelbassreihen ein, die damals Baritonbässe genannt wurden.
Durch den 2. Weltkrieg bedingt, ging die Entwicklung erst Anfang der fünfziger Jahre weiter, als in der HOHNER-MORINO VI das Einzel- oder Solo-Basswerk wieder erscheint, das heute als „Manual III“ oder abgekürzt „MIII“ bezeichnet wird. Die Anordnung der Bassknöpfe entspricht den Knopftasten des Knopfgriff-Akkordeons und wird dem Standard-Bass als zusätzliche Reihen hinzugefügt.
Es gibt heute allerdings auch Melodiebass-Akkordeons, die eigenständig sind, d.h. sie besitzen keine Standardbässe sondern lediglich Melodiebässe. Hier muss der Spieler allerdings um einen Akkord auf der Bassseite zu spielen 3 Knöpfe gleichzeitig drücken, was bei dem Standardbass-Akkordeon mit 1 Knopf möglich ist.
Der Bass-Converter
1938 wurde ein neues Register vorgestellt, mit dem man das Akkordwerk umschalten kann. Man hat somit die Wahl zwischen einem Standardbass-Manual (MII) oder einem Melodie- oder Einzelton-Manual (MIII). Die Entwicklung auf dem Gebiete des Einzeltoninstrumentes ist noch im vollen Gange, auch hinsichtlich der hierfür erforderlichen Unterrichts- und Spielliteratur.
Die Register
Der Begriff „Register“ hat in der Sprache mehrere Bedeutungen. Wir wollen uns aber nur auf seine Bedeutung für den Bereich der Musik und da nur für den des Akkordeons beschränken. Wir kennen u.a. die Register der menschlichen Stimme oder die Registerbezeichnungen bei Musikinstrumenten sowie die für uns interessantesten: die „Orgelregister“. Dort versteht man unter Register eine Gruppe von Pfeifen gleicher Bauart, Tonerzeugung und Klangfarbe, die durch einen „Registerzug“ in Tätigkeit gesetzt oder abgeschaltet werden.
Die Akkordeonregister sind eher dem Orgelregister gleichzusetzen, obwohl keinesfalls eine Nachahmung damit verbunden werden soll. Das Akkordeon verfügt über zwei völlig unabhängig voneinander zu bedienende Spielseiten (Diskant- und Bassseite). Wir unterscheiden daher auch die Diskant- von den Bassregistern. Unter Register versteht man eine dem Tonumfang des Instrumentes entsprechende chromatisch durchlaufende Stimmungsreihe (CHOR), die mithilfe einer Schiebermechanik ein- bzw. ausgeschaltet werden kann. Es handelt sich hierbei eher um einen musikalischen als um einen technischen Begriff.
Im 19. Jahrhundert gab es viele Versuche, die Klangfarben der Orgel auf das Akkordeon zu übertragen. Auf den Instrumenten finden wir immer mehr Registerknöpfe und die Akkordeons werden immer größer, plumper und schwerer.
Es gibt Kippregister und Schieberegister, die sich an der Seite des Griffbrettes befinden und Hebel, die hinter dem Griffbrett angebracht sind. Eine Spezialität bilden noch die Kinnregister, das wir allerdings nur bei Künstlerinstrumenten vorfinden. Das Kinnregister ermöglicht ein schnelles Umschalten.
Die diatonische Harmonika (wechseltonig)
Dieser Instrumententyp ist seit seiner Erfindung als „Accordion“ im Jahre 1829 wechseltönig, bei Ziehen und Drücken des Luftbalges bei ein und dem selben Knopf entstehen zwei unterschiedliche Töne (Wechseltönigkeit), und war im 19. Jh. vorherrschend.
Im 19. Jh. war die Experimentierfreudigkeit unwahrscheinlich groß sowie auch der Wille zu verbessern, zu erneuern, zu formen und Materialien zu erproben. Schließlich muss bedacht werden, dass die einzelnen Erzeuger oft in kleinen Dörfern die Erzeugung von Harmonikas aufgenommen hatten und dann darauf angewiesen waren, welche Materialien sie am leichtesten verarbeiten und solche, die sie ohne zu großen Aufwand und auch billig erstehen konnten.
Während manche Knöpfe oder Registerschieber aus Metall gegossen wurden, waren andere Knöpfe aus Holz gedrechselt. Einige Erzeuger bauten ein oft reich verziertes Verdeck, unter dem sich die Klappen befanden, während die meisten deutschen Modelle keines hatten. Vom musikalischen Aufbau her waren die Modelle im wesentlichen gleich.
Die einreihigen Modelle hatten 8 bis 12, die zweireihigen 17 bis 21 und die dreireihigen 29 bis 31 Klappen (=Tasten). In den meisten Schulen und Spielanleitungen des 19. Jahrhunderts wird das Erlernen des Akkordeons nach Ziffern und andern Griffschriften angeboten.
Die diatonischen Instrumente wurden in verschiedenen Tonarten gebaut, so dass sich eine Griffschrift als unumgänglich erwiesen hatte. Durch die Griffschrift ist ein Spielen der Harmonika in allen Tonarten möglich.
Zu dieser Zeit gab es wiener- und deutsche Modelle, die allerdings nur geringe Unterschiede aufwiesen. In Österreich hat sich dann noch die Steirische Harmonika entwickelt, die ursprünglich 3-reihig gebaut worden ist. Heute kennt man auch 4- und 5-reihige Instrumente.
In der Schweiz gibt es als echtes Volksinstrument noch das Schwyzer Handörgeli.
1933 führte man noch 2 Dominant-Septakkordtasten ein,die Morino-Clubmodelle.
Diese Modelle waren ihrem Namen nach zumeist im Akkordeonorchester zu finden.
Die Steirische Harmonika
Die steirische Harmonika ist ein diatonisches, wechseltöniges Instrument, das heute noch in der Volksmusik in Österreich, in Südtirol und in Bayern Verwendung findet.
An sich unterscheidet sich der Aufbau des Tonumfanges nur unwesentlich von den übrigen diatonischen Instrumenten des 19. Jahrhunderts. Das Tonleiterspiel ist auf der Harmonika sehr schwierig, und es wird auch kaum versucht worden sein, da ein einheitlicher Fingersatz nicht möglich ist.
Das Schwyzerörgeli
Das Schwyzerörgeli hat gegenüber der steirischen Harmonika einen kleineren Tonumfang, wird aber nach dem gleichen Griffschriftsystem gespielt. Der Korpus des Instrumentes ist kleiner und zierlicher, und es fehlen ihm die für die steirischen Modelle typischen sog. „Helikonbässe“. Die Basstasten sind auf einem kleiner gebauten Griffbrett eingesetzt und nicht auf dem Bassteil. Das zeigt uns, dass bei diesem Instrument viele Bauelemente aus der Zeit vor 1870 erhalten wurden.
Tonbildung
Der Ton wird mit Hilfe freischwingender (durchschlagender) Zungen erzeugt.
Durch die Bewegung des Balges (Hin- und Herführen) entsteht Druck- und Saugluft, die durch Kanäle an die Stimmzungen geführt wird und diese zum Schwingen und zum Tönen bringen.
Die Stimmzungen sind auf Stimmplatten aufgenietet und diese wieder auf dem Stimmstock mit Spezialwachs angebracht. Das Wachs soll verhindern, dass die Luft anderwärts entweicht.
Dieser Vorgang ist so zu erklären: Die Stimmzunge befindet sich erst einmal in Ruhestellung. Durch einen Strom verdichteter Luft wird sie in den „Stimmschlitz“ hineingezogen bzw. hineingedrückt, schwingt aber infolge ihrer Elastizität wieder zurück. Unter und über der Stimmzunge bilden sich Druckunterschiede, und sie gerät durch die eigene Federkraft in Schwingungen. Diese Schwingungen erzeugen abwechselnd Verdichtungen und Verdünnungen der Luft und ergeben somit den Ton. Es muss allerdings ein Minimum an Frequenz erreicht werden.
Was hat es mit der Handharmonika auf sich, die dem Verein den Namen gab?
Was hat es eigentlich mit dieser Handharmonika auf sich, die dem Verein den Namen gab, deren Gebrauch die Mitglieder über Jahrzehnte hinweg zusammenführte und in deren Namen sich all diejenigen wiedertrafen, die das Glück hatten, diesen schrecklichen Krieg, den man den Zweiten Weltkrieg nennt, zu überstehen?
Was ist das für ein Ding, das gerade in Notzeiten den Menschen ein wenig Freude bringt, das im Krieg den Soldaten draußen ein Bisschen Abwechslung gab, Trost spendete, Sehnsüchte weckte und oft Brücken in die Heimat schlug?
Was ist das für ein Zauberinstrument, das junge Menschen zum Tanz zusammenfinden lässt, die Menschen zur Freude und zum Gesang verleitet und andererseits in Konzertsälen anspruchsvolle Musikfreunde zu atemloser Stille bringt?
Ein Berliner namens Buschmann erfand im Jahre 1822 ein neues Musikinstrument.
Es bestand im wesentlichen aus zwei Kästen, die durch eine Art von Blasebalg miteinander verbunden waren. Die Kästen fungierten als Tonträger mit durch Klappen verdeckten Schlitzen, die auf Antippen einer Tastatur freigegeben werden konnten.
Durch diese Schlitze strömte dann die mittels Zug und Druck durch den Blasebalg bewegte Luft, wodurch metallene Zungen zum Schwingen gebracht wurden, was wiederum Töne erzeugte. Wenn man nun im richtigen Augenblick auf den richtigen Knopf drückte und den Balg in der richtigen Weise aufzog und zusammendrückte, dann entstand eine Melodie.
Man sieht, die Sache scheint recht einfach. Wenn man sich allerdings näher damit befasst, erkennt man schnell, dass auch hier kein Meister vom Himmel fallen kann, und sicherlich hatte auch dem guten Herrn Buschmann in Berlin die Sache einiges Kopfzerbrechen bereitet, bevor er seinem Instrument die ersten Töne entlocken konnte.
Er nannte es Ziehharmonika, weil die Musik nur dadurch erst erzeugt werden konnte, dass man den Blasebalg auseinander zog, um ihn dann wieder zusammenzudrücken. Und da die Hände anfangs mit den beiden Tonträgern durch Riemen verbunden waren, nennt man das Instrument selbst in zeitgemäßer Luxusausführung zum Beispiel im Saarland Schlicht „Zieh-am-Riemche“. Auch „Quetschkommode“ sagt man dazu, auf gut hessisch auch „Schrumbel“, weil der Balg mit seinen wenn auch gerade angeordneten Falten doch schrumpelig aussieht.
Im Fachjargon wird die Handharmonika als diatonisches Instrument angesprochen, weil sich bei Druck und Zug verschiedene Töne ergeben. Die Bezeichnung als Ziehharmonika wurde bald verdrängt, man einigte sich auf Handharmonika, weil sich das mit fortschreitender Kultivierung standesgemäßer anhörte.
Geprägt hat die Bezeichnung Harmonika der Amerikaner Benjamin Franklin, ein Allroundgenie, Staatsmann, Schriftsteller und Techniker. Außer dem Blitzableiter und anderen nützlichen Dingen erfand er 1763 ein mechanisches Musikinstrument, dessen Töne durch das Berühren sich drehender Glaskörper verschiedener Größen mit angefeuchteten Fingerspitzen erzeugt wurden. Er nannte das Instrument Glasharmonika.
Sieben Jahre nach der Erfindung der Handharmonika entwickelte der Wiener Demian daraus das Akkordeon, das auf Druck und Zug mit den gleichen Tönen reagierte. Dieses Knopfakkordeon, aus welchen Gründen auch immer manchmal als „italienisches“ bezeichnet, hat sich bis heute ebenso erhalten, wie die kleineren, aber nicht minder klangvollen Geschwister der Handharmonika, die Konzertina und das Bandoneon, das sich so hervorragend für die lieblichen französischen Musette-Walzer eignet.
Der Groß-Gerauer und Mitbegründer des Handharmonika-Spielrings Groß-Gerau, Heinrich Hess, konstruierte im Jahre 1937 ein Knopfakkordeon, das es gestattete, von der diatonischen Harmonika ohne Umstände umzusteigen, weil die Noten nach dem gleichen System abgespielt wurden und das dazu noch über den gesamten Bassumfang des Akkordeons verfügte. Von den damals von der Firma Gentil in Mainz gebauten zehn Exemplaren sind heute noch zwei bekannt.
Um aber den vielen an Klaviertasten gewöhnten Musikern den Weg zu ebnen, schuf man das Piano-Akkordeon, anfänglich auch Tango-Harmonika genannt. Als „Schifferklavier“ ist es populär geworden, da es für die Seefahrer leicht zu verstauen war und zudem die rechte stimmungsvolle Atmosphäre auf den Schiffen wiedergab.
Im Jahre 1857 gründete Matthias Hohner in Trossingen im Schwarzwald einen Betrieb zur Herstellung von Mund- und Handharmonikas und legte damit den Grundstein zu einem weltweit bekannten und geschätzten Großbetrieb dieser Branche, der schließlich auch bei der Gründung des Handharmonika- Spielrings Groß-Gerau Pate stand.
~Bericht des ehemaligen 1. Vorsitzenden Franz Flach